Folge 3/5: Man kann auch Läuse&Flöhe haben. Und Migräne.

Hallo Leude!

Viele Menschen glauben, dass Medizin eine Naturwissenschaft sei. Das ist aber falsch! Natürlich benutzt man Mathematik, um etwas auszurechnen, aber Mathematik ist auch keine Naturwissenschaft.

Ich möchte euch mal ein Beispiel für eine Verbindung in meiner Disziplin, der Elektrotechnik nennen. Wenn Strom fließt, entsteht Wärme. Da wir Strom nur selten rein zur Wärmeerzeugung nutzen, nennen wir es Verlustwärme. Sitzt du auf dem Trimmrad mit Filzbremse für den Widerstand und schwitzt vor dich hin, erzeugst du und dein Trimmrad Verlustwärme. Ist das jetzt dasselbe wie beim elektrischen Strom? Um das zu beweisen, muss man sich die Mühe machen, zu erklären, wie und warum elektrischer Strom Wärme produziert und warum es bei einer Filzbremse am Rad genau dasselbe sein soll.

Aber das kann man in der Medizin zu vergleichbaren Phänomenen und deren Beziehungen definitiv nicht tun. Es gibt schlicht keine beweisbare Erklärung wie in der Physik. Außer die Physik selbst, die natürlich auch sämtliche Elemente im Körper eines Menschen einschließt. Die Physik kann aber die Fragen der Medizin überhaupt nicht beantworten, da die Fragen ganz andere sind.

Das bedeutet, wenn man Verbindungen zwischen Phänomenen herleitet, sollte man die Einzelphänomene zumindest gut erklären können. Wir unterhielten uns im Podcast über die Merkwürdigkeit, dass sowohl Edda als auch unsere  Hörerin Simone keine Migräne mehr haben, seit sie MS haben. Blöderweise sagt die medizinische Statistik genau das Gegenteil davon. Nämlich, dass mit MS die Wahrscheinlichkeit viel größer ist, Migräne zu haben.

Ich lehne mich jetzt mal mit einem Beispiel aus dem Fenster, das einmal für großes Aufsehen und viel Wut auf den Erfinder sorgte.

Der österreichische Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat sich zu Lebzeiten eine Versuchsanordnung ausgedacht, um unsere Unfähigkeit nicht erklärbare Phänomene mit völlig abwegigen, unlogischen oder nicht bewiesenen Verbindungen zu erklären. Das ging folgendermaßen. Ich erkläre es erst aus Sicht der Probanden, die in diesem Fall Autofahrende waren. Es kommt also ein Autofahrer oder eine Autofahrerin zum eigenen Auto, öffnet das Türschloss und beim Aufschwingen der Tür, erschallt ein Hupsignal. Erschrocken machen die Probanden die Tür wieder zu und das Signal verstummt. Stellt euch vor, euch würde das passieren. Was würdet ihr tun? Ok, erstmal Tür wieder aufmachen. Und schon legt die Hupe wieder los. Dann würdet ihr eine Verbindung zwischen Hupe und Tür suchen, obwohl ihr wisst, es gibt keine. Dann schaut man dort, wo das Herz des Autos schlägt, unter die Motorhaube. Was aber hat der Motor mit der Tür zutun?

Ich kläre es jetzt auf.

Ein Auto wurde mit einer Hupe unter dem Motorraum präpariert. Diese Hupe konnte durch eine Person, die Auto und Fahrende im Blick hatte, aber nicht gesehen werden konnte, bedient. Sobald die Probanden die Tür öffneten, aktivierte der Mann im Hintergrund die Hupe.

Nachdem die Probanden so reingelegt worden waren, fanden sie es gar nicht nett, so vorgeführt worden zu sein. Da sie nun erkannten wie dumm ihre Bemühungen waren, und die Lösung so simpel. Alle, wirklich alle, suchten nach einer schon theoretisch nicht vorhandenen Verbindung zwischen Hupe und Tür.

Dieses komplett irrationale Verhalten bei Phänomenen, die uns gänzlich unbekannt sind, hat nicht ein einziger Proband durchbrochen. Alle machte komplett irrationale Sachen.

Ich möchte nicht andeuten, dass es zwischen Migräne und MS keine Verbindungen gibt, aber Fakt ist, das weder Migräne noch MS Krankheiten sind, die die Medizin entschlüsselt hat. Was wäre eigentlich, wenn ein dritter Beobachter in Watzlawicks Versuch eine Statistik über Hupgeräusche und Türöffnungen angefertigt hätte, die der Mann mit der Hupe nach seinem Gusto zusammengehupt hätte, der Statistiker das aber nicht wissen konnte? Deshalb verbietet sich Statistik in meiner Welt zur Erklärung von Phänomenen.

Wenn man, wie ich, neue technologische Geräte entwickelt, wird man zum Schöpfer. Damit der Schöpfungsakt grundsätzlich funktioniert, beachtet man die Physik. Die ist das Faktum, auf die sich alle Schöpfer verlassen. Mit Mathematik und Physik berechnet man das, was man erschaffen möchte. Das ist das unverrückbare Gerüst für alle. Daran rüttelt niemand mehr. Fehler entstehen also nur in der Umsetzung.

Niemand würde in meinem Bereich auf die Idee kommen, die Funktion einer Schöpfung durch eine Statistik über da Funktionieren zu beweisen. Das wäre, entschuldigt mich, wenn ich es so krass ausdrücke, komplett behämmert.

Wie brutal man aufs Glatteis geführt werden kann, wenn eine Autotür zu einem Hupsignal führt, hat uns der wunderbare Paul Watzlawick gelehrt.

Jetzt mögt ihr denken, das ist doch was ganz anderes als Verbindungen in der Medizin. Und Migräne ist eine Erkrankung des Gehirns und MS auch. Beides ist entzündlich. Ja, das stimmt. Nur was wäre, wenn die elektrische Leitung zur Hupe im Türrahmen des Autos läge und sich dort eine Leitung beim Schließen einklemmen könnte und dadurch die Hupe ausgelöst würde? Hm!

Diese Leitung konstruiert die Medizin. Eine Verbindung, die theoretisch möglich sein könnte, da das Schließen einer Tür eine Leitung abklemmen kann.

Der Schöpfer, also Autobauer, denkt jetzt, der Ingenieur hat sie nicht alle. Ich lege doch nicht die Leitung zum Hupknopf durch den Türrahmen, wenn ich nur durchs Armaturenbrett muss.

Seht ihr, genau das muss man eben wissen. Als die Sendungen, die Menschen vorführen, und das Publikum sich darüber totlacht im TV, Hochkonjunktur hatte, wurde Watzlawicks Experiment benutzt, um Menschen bei „Vorsicht Kamera“ lächerlich zu machen. Denn niemand würde anders handeln als die Vorgeführten. Mit dem Unterschied, dass die Gaffer wissen, dass da jemand im Busch sitzt. Wir verbinden immer Ereignisse erst einmal zeitlich. Öffnen der Tür und Hupe gleichzeitig. Also gibt es einen Zusammenhang. Das ist jedoch falsch!

Wie ist etwas prinzipiell aufgebaut und wie funktioniert es? Das weiß die Medizin für ihr Fachgebiet nicht. Und das liegt ganz bestimmt nicht daran, dass da Deppen arbeiten,  oder die Forschenden nicht wissen wollen, wie was funktioniert, um es fachgerecht zu reparieren. Seht es mir nach, dass ich für Frauenkrankheiten Analogien aus dem Männlichkeitskult wählte. Aber ich war es eigentlich nicht, sondern Paul Watzlawick, dem als bestes Anschauungsobjekt ein Auto in den Sinn kam, um seine Verhaltenstheorie in der Praxis zu demonstrieren.

Übrigens, dass Edda und Simone nun keine Migräne mehr haben, seit sie MS haben, obwohl die Statistik genau das Gegenteil zu beweisen glaubt, ist ein besonderes Schmankerl, wenn man Watzlawicks Versuchsanordnung betrachtet.

Euer Ingenieur!

Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.