Folge 2/12: Heul weiter! Is normal.

Leude,

Es gibt Themen, die uns, egal wie lange wir mit welcher Krankheit auch immer unterwegs sind, sehr anfassen. Wenn es um Depression geht, scheint mir die Distanz von Betroffenen und denen, die über Depression von Außen betrachtet, reden, so groß wie bei kaum einem anderen Thema zu sein. Erschwerend für mich als Ingenieur kommt dazu, dass ich nicht einmal die Definition von Depression verstehe.

Wer zu viel misst, misst Mist! Elektrischer Strom „fließt“ nicht und „verbraucht“ sich auch nicht! Und gefressen wird von einem „Verbraucher“ schon mal gar nichts. Technisch „fließt“ Strom genau in umgekehrter Richtung zur physikalischen Richtung.

Das war ein kleiner Ausflug in die sprachlichen Wirren der Elektrotechnik. Also alles Blödsinn, was über Strom und Verbraucher geredet wird, könnte man meinen. Nein! Es handelt sich um Beschreibungen, die Laien eine grobe Vorstellung geben. Das ist wichtig, damit man nicht an einer Steckdose leckt oder mit offenen Leitern herumspielt.

Eines ist aber ganz klar und eindeutig. Die Physik hat „bislang“ nicht widerlegbare Beweise für die genaue Definition von Strom und Spannung. Interessiert möglicherweise die Wenigsten, lässt uns jedoch in unserer mit Elektronikgeräten überschwemmten Welt ruhig schlafen.

Das kann ich bei dem, was ich jetzt stundenlang auf sogenannten Fachseiten für Neurologen und Psychologen über Depression gelesen habe, allerdings nicht behaupten.

Edda hatte auf einer MS-Seite gelesen, dass Medikamente messbar eine Depression auslösen können! Hört sich interessant an, ist es aber nicht. Strom fließt!

Wenn ich Leberkrebs habe, ist es wenig hilfreich, wenn ich weiß, dass Rattengift essen, schlecht für die Leber ist.

Also, mich lassen Beschreibungen von Noradrenalin, Serotonin und Co. wenig beruhigt zurück. Berufskrankheit! Das gebe ich zu. Die Physik der Elektronen ist alles andere als einfach zu verstehen, aber es sind alle Beziehungen untereinander hinreichend erklärt. So etwas finde ich nicht einmal im Ansatz, wenn es um die Krankheit Depression geht. Das liest sich für mich, als wolle man anhand des Leuchtens der Glühbirne erklären, was diese lustigen kleinen Elektronen sind und tun!

„Herr Riepe!“, sagte der Psychiater milde lächelnd, „Sie sind der Patient, Sie müssen das nicht wissen!“

Ja, irgendwie hatte er ja Recht. Nur konnte ich dem etwas verstrahlt wirkenden Mann, der mir wie viele Ärzte, nicht in die Augen schauen konnte, nicht vertrauen, gerade weil ich selbst nichts verstehen müssen sollte. Da hatte ich damals die A-Karte, denn der war auch noch mein Neurologe. Allerdings hatte unsere gemeinsame Zeit die Länge einer kleinen depressiven Episode.

Erschwerend kam hinzu, dass ich fälschlicherweise der Ansicht war, dass Medizin eine Naturwissenschaft ist oder zumindest ähnlich funktioniert. Falsch!

Man muss „Experten“ auf TikTok und YouTube nicht glauben, wenn sie naturwissenschaftlichen Unsinn über Elektromotoren in Autos von sich geben. Man kann in einem Fachbuch nachlesen, dass es Quatsch ist. Jedenfalls geht das theoretisch! Aber funktioniert das in der Welt der Krankheiten?

Allein die Beschreibung des Unterschieds zwischen „das ist ein bisschen Verstimmung“ und wann einer handfesten Krankheit, erscheint mir bei Depression dehnbar. So dehnbar, dass ich damit Bauchschmerzen bekomme. Und was machen wir jetzt damit?

Wir können ja schlecht selbst Neurologen, Psychologen und Allgemeinmediziner werden, um Entscheidungen zu treffen. Trotzdem müssen wir letztlich genau das ganz allein tun. Ärzte dürfen uns die Entscheidung über die Therapieform ihrem Berufsrecht entsprechend, nicht abnehmen. Da hört’s auf mit dem Gott in Weiß! Wenn es ans Eingemachte geht, heißt es: „Sorry, das müssen Sie schon selbst entscheiden!“

Ein bisschen erinnert mich das Thema Depression an die eindrücklichen Beschreibungen von Rainer Bielfeldt über seine Alkoholerkrankung bei uns im Podcast. Das Wichtigste ist, zu erkennen, dass man ein ernstes Problem hat. Die Krankheit selbst verhindert aber die Einsicht darin! Das ist wirklich nicht witzig! Und dann glaubt eine große „normale“ Gruppe Menschen heute auch noch, man solle sich zusammenreißen oder nicht rumheulen! Die Medien wollen uns möglichst schnell wieder funktionieren lassen. Arbeitsfähigkeit ist der wichtigste Aspekt.

Mich überzeugten Erklärseiten über Depression beim Stöbern so gut wie überhaupt nicht! Entweder technisches bla, bla über Einteilung nach ICD und könnte, hätte Fahrradkette oder statistische Tortendiagramme mit der Aussagekraft über das Wetter in vier Wochen.

Aber hey! Ich war ein Ingenieur, der nichts anderes als Forschung und Entwicklung in seinem Leben gemacht hat. Ich könnte auch falsch abgebogen sein. Wer weiß?

Ich kann euch sagen, was ich mache! Ich habe einen Psychologen und eine Hausärztin gefunden, die mich beide gut kennen und die mit mir ausprobieren, was für mich funktionieren könnte. Neurologen brauche ich zurzeit nicht mehr.

Das probiere ich brav aus und beobachte, ob und was passiert. Und Leute, sich selbst beobachten und entscheiden, ob etwas funktioniert, ist für mich die Vorhölle der Beweisführung für irgendetwas!

Trotzdem akzeptiere ich das! Denn eines habe ich als Ingenieur gelernt. Vorurteile sind wichtig! Aber nur wenn du sie dazu benutzt, zu einem Urteil zu kommen, mit dem du selbst leben kannst.

Euer Ingenieur

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