Hallo, Leude!
Es gibt Themen, die einem eiskalt die Zeit, die die eigene Existenz schon währt, bewusst werden lässt! Ich bin ganz ehrlich, nachdem ich mich selbst im Podcast zu „Apps“ zugehört hatte, kam ich mir sehr alt vor. Als Nichtprofi ist es eh schwer, sich selbst zuzuhören.
Erschwerend stehen Männer in Verdacht, die recht simple menschliche Eigenschaft des Zuhörens entweder nicht zu beherrschen oder konsequent zu vermeiden. Die Gründe dafür werden noch diskutiert; von Männern mit Männern.
Ich kann mich zum Glück auf meine kognitive Störung zurückziehen. Habe also eine gute Ausrede, was das Ganze aber nicht sonderlich besser macht, wenn man drüber nachdenkt. Hilfsmittel oder gar Medikamente wurden bislang nicht gegen die Unfähigkeit – die man durchaus als Behinderung bezeichnen darf – zuzuhören, entwickelt. Bei Männern ist es zusätzlich auch noch genetisch bedingt, wie die Wissenschaft sicher seit Entschlüsselung des männlichen Genom, herausgefunden, aber natürlich nicht veröffentlicht hat.
Edda fängt mich nahezu immer mit geradezu beängstigender Professionalität ein, was mir absolut bewusst ist. Als wir unser Podcast-Projekt begannen, war es sehr schmerzhaft für mich, festzustellen, wie Anspruch und Wirklichkeit ganz eigene Wege einschlagen können. Wie ich auf die Idee kommen konnte, dass man etwas mit Qualität einfach so aus dem Hut zaubern kann, ist mir heute nicht einmal mehr plausibel.
Als käme man auf die Idee, dass meine Arbeit als Ingenieur auf einem Sondergebiet, mit dem sich gerade einmal eine Handvoll Industrieunternehmen auf der Welt beschäftigten, von jedem erledigt werden könnte, scheint die Vorstellung, dass das für Gebiete, die nicht technisch sind, natürlich nicht gilt.
Nun, dieses Mal hat nicht einmal Edda es geschafft, mich ad hoc einzufangen. Ich wäre aber kein richtiger Ingenieur alten Schlages, wenn ich das wichtigste, das Ingenieursarbeit einmal auszeichnete, nicht auch nach Berufende beherzigen könnte. Man muss es aushalten, wenn etwas nicht so richtig gut läuft. Nur dann kann man alles auf Null stellen und nochmal loslegen. Ingenieure müssen alle möglichen Gebiete verstehen und einordnen können, auch wenn es nicht ihr Spezialgebiet ist. Das zeichnet sie aus. Dadurch können sie angewandte Technik zum Laufen bringen. Beratungsresistenz und Egoismus sind der Tod jeden Fortschritts in der Welt der Ingenieure.
Also beschäftigte ich mich nach unserem Podcast über Apps einfach nochmal mit diesen Apps. Ich las alles, was an Informationen einprogrammiert wurde, probierte die Funktionen aus und ging dann total objektiv von Neuem an die Sache heran.
Das ändert natürlich nichts daran, was ich im Podcast erzählt habe, aber diese Kolumne ermöglicht mir eine Korrektur, soweit sie notwendig ist.
Und so komme ich zu folgendem Schluss. Wenn du über dreißig Jahre Zeug über MS gelesen hast, kannst du einfach nicht mit einer App objektiv umgehen, die dir all die Dinge nochmal auftischt, die du schon tausendmal gelesen und gehört hast. Ich lernte aber auch Neues. Zum Beispiel, dass die Therapie mit monoklonalen Antikörpern, einen neuen Namen bekommen hat, den ich garantiert weder behalten noch aussprechen kann. Die Zellen, die man killen will, weil sie offenbar Edda und mich und all die anderen MS-Erkrankten killen wollen, haben jetzt Namen bekommen. Das ist toll!
Aber ein kleiner Wermutstropfen entstand beim nochmaligen Betrachten der Befindlichkeitsemoticons! Da ist einfach für mich nichts dabei. Sorry! Ist so! Meine Befindlichkeiten sind aus einem alten Jahrtausend, in dem ich selbst beim Schreiben eines Tagebuchs ohne App, nicht die Worte fand, auch nur annähernd einen Zustand zu beschreiben, für den ich sehr viele Worte brauchte und beim Nachlesen Jahre später nichts mehr nachvollziehen konnte.
Medis nehme ich nicht mehr und „gut, schlecht, mittel“ in Form von lustigen Bildchen funktioniert bei mir einfach nicht. Das muss man akzeptieren.
Eines weiß ich aber ganz bestimmt. Hätte es diese Apps 1992 gegeben, ich hätte sie alle auf meinem noch nicht erfundenen Handy gehabt.
Euer Ingenieur