
Hallo Leude!
Wie wichtig ist jungen Menschen heutzutage Treue? Eine Umfrage in Deutschland sagt, dass Treue „in“ ist und 71% der Teilnehmenden sagen, sie habe einen hohen Stellenwert. Dabei spielen Geborgenheit und Sicherheit eine große Rolle.
Wie geborgen fühlt ihr euch bei eurer Therapie? Und wie sicher seid ihr damit? Es ist schon komisch, dass das Wort Treue im Zusammenhang mit einer medikamentösen Therapie ein komplett entgegengesetztes Umfrageergebnis erzielt. Nur 32% bleiben ihrer Therapie treu. Therapietreue! Ist das Wort zu mächtig oder nur Wunschdenken? Ich bin da unsicher.
Edda und ich waren unseren Therapien, so sie uns nicht geschadet haben, schon ganz schön treu. Ein Punkt, den ich wahnsinnig wichtig finde, wird offenbar von Medizinierenden und Statistiker*innen nicht erfragt oder berücksichtigt. Wie sehr vertraue ich meiner Therapie? Die Basis aller zwischenmenschlicher Treue ist seit jeher Vertrauen.
Lässt sich das auf ein statistisch wirksam sein sollendes Medikament übertragen. Ich sage: „Schwierig!“ Und seit wann ist eine Therapie überhaupt ein gleichwertiger Partner oder Partnerin? In einer Beziehung werden wir täglich mit Liebe und Wohlbehagen beglückt. Da fällt, zumindest am Anfang, treu sein nicht so schwer. Ob das nach dreißig Jahren Partnerschaft immer noch funktioniert? Die Statistik hat da gruselige Erkenntnisse für moderne Gesellschaften.
Bei näherer Betrachtung finde ich den Begriff Therapietreue allerdings immer noch am Besten. Das liegt aber an den Alternativen in auswärts.
Leude, was soll bitte Compliance im Zusammenhang mit Therapie sein? Unsere Verkäufer und Manager in der Firma und die ganzen BWLer reden permanent von Compliance, wie von einem Mantra. Sorry, das Wort ist für mich nur abschreckend. Und Adhärenz oder Adhäsion hatte ich bis zu unserem Podcast noch nie als Ersatz für Therapietreue gehört. Muss ich aber auch nicht, denn ich bin meiner Therapie absolut treu. Für mich ist das Physik. Aber gut! Man sagt ja, es müsse immer mal eine neue Sau durchs Dorf getrieben werden.
Jetzt heftet uns also per physikalischer Bindungskräften eine Therapie an. Ein Fußballweiser sagte vor vielen Jahren mal den bedeutenden Satz: „Hasst du Scheiße am Schuh, hast du Scheiße am Schuh!“ Adhäsion eben!
Ne Leude! Das, was an mir kleben soll, gefällt mir nicht so richtig, auch wenn es ein bisschen freundlicher als Compliance daher kommt. Zumindest müssen beide Seiten gleichermaßen die Bedingungen für Anhaften erfüllen. Compliance ist mehr ne ärztliche Aufforderung, der wir folgen müssen, weil weiße Kittel was Überlegenes inne haben.
Nein, Therapietreue ist schon gut, finde ich.
Tatsächlich habe ich Freundschaft mit meinen Therapien geschlossen. Und ich habe mich auf sie verlassen, wie ich mich auf meinen besten Freund verlassen kann. Das habe ich mir eingeredet. Und es funktionierte. Genauso habe ich mir eingeredet, dass die Therapie auf jeden Fall wirken wird; zukünftig. Zu der Zeit hatte ich viel über „self fullfilling prophecy“ gelesen. Selbsterfüllende Prophezeiung ist eine tolle Sache. Damit verdienen nicht nur amerikanische selfmade Laberköppe sehr viel Geld mit Unsinnsgerede, es funktioniert tatsächlich. So wie der Placeboeffekt.
So dachte ich mir: „Nun denn, ich nutze das mal für mich!“ Und habe mir fest eingeredet, dass meine Therapie funktioniert, und dass ich auf keinen Fall im Rollstuhl sitzen bleibe. Gewöhnlich wird man durch derlei Denke zum Idioten abgestempelt. Seit Corona und Trump schaffen es aber Millionen Menschen, einem orangenen bösen Clown zu glauben, und dass die Erde eine Scheibe ist. Übrigens, falls ihr es noch nicht wusstet. Es waren im Mittelalter schon die gleichen Leute wie heute, die daran glaubten. Ja! Natürlich glaubte die Wissenschaft schon im Mittelalter nicht daran, dass man am Ende von der Erde runterfällt. Das waren ja keine Idioten, nur weil wir die Zeit jetzt Mittelalter nennen, und die kein Wasserklosett hatten.
Warum also sollte ich nicht daran glauben, dass ich eine unheilbare Krankheit stoppen kann? Das lässt sich zwar schwer nachweisen, aber was sollen da die Aluhut-Träger und die Flach-Erdler sagen? Die haben mal richtig Probleme, ihre Fantasien zu beweisen.
So, genug böse Ironie. Ich glaube an den Placeboeffekt! Punkt. Warum soll man den nicht selbst wecken können? Hat da schon mal jemand was zu gemacht? Ich weiß es nicht. So lange ich fest daran glaube, nutze ich wissenschaftlichen Erkenntnisse positiv für mich. Leude, ihr müsst wirklich an eure Therapie glauben! Das hilft ungemein. Dann hört man auch nicht einfach auf damit, wenn es mal steinig wird.
Wie kommen bloß die Millionen Lottespielende zustande? Die Statistik sagt, dass es unmöglich ist, dass du gewinnst. Aber es gewinnt doch eine Person pro 1,4 Millionen, sagen sie. Komisch, dass dann eine 10%ige Heilungschance nichts ist. Der Unterschied ist der Einsatz! Du musst nur ein paar Euro investieren und kannst Millionen machen. Kleiner Einsatz, riesige Belohnung, wenn auch abnormal unwahrscheinlich. Bei Krankheit hast du einen extrem hohen Einsatz, und zur Belohnung wirst du nicht noch kränker. Dafür ist die Wahrscheinlichkeit 100.000 mal höher, dass es klappt.
So, ich habe ich euch jetzt genug verwirrt mit den Zahlen. Eines haben Lottoeinsatz und Therapietreue gemein. Sie haben beide einen nur sehr geringen Einsatz. Du musst an die Tabletten denken und du musst Lose kaufen. Der einzige Unterschied ist wohl die Erwartung. Mir war die eines Loskäufers bis heute nicht vergönnt, ich habe blöderweise sehr viel Mathe studiert.
Euer Ingenieur