Folge 3/8: Gewohnheiten sind ein unsicheres Pflaster

Hallo Leude!

Man sagt immer, niemand könne sich wirklich ändern. Also so charakterlich! Ist das wirklich so und, wie hat man das herausgefunden? Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass es unsere Gewohnheiten sind, die falsch interpretiert zu dieser Weisheit führten. Mal ehrlich, wer gibt lieb gewonnene Gewohnheiten auf? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen Angewohnheit, Gewohnheit und Sucht?

Unsere Werbewelt setzt schonmal konsequent auf das Letztere, die Sucht. Cannabis ist eine Einstiegsdroge, sagt „Mann“! Konservative sind sich in diesem Fall so sicher, wie sie das Amen im Gottesdienst predigen, und seit sie Cannabis zur Droge machten. Pflanzen machen das nicht von selbst.

Was bedeutet es, wenn man von etwas süchtig wird? Du nimmst einen Zug aus einer mit Cannabis versetzten Zigarette, und puff du bist abhängig. So suggerieren es die Gegner des gepflegten Joints. Gibt es für diese Behauptung wissenschaftliche Erkenntnisse? Nein!

Dann stelle ich mir die Frage: „Ist es so, dass man allein durch den Konsum von Drogen süchtig wird? Jeder?“ Natürlich gibt es sowas nicht, auch wenn uns Politiker das weismachen wollen. Es ist schlicht Unsinn! In einer schwarz weiß Welt behauptet die Politik seit langer Zeit immer nur das Gegenteil der Opposition. Links und rechts. Süchtig und nicht süchtig. Normal und unnormal.

Politiker halten uns Bürger*innen für sehr, Punkt! 

Jetzt kommen wir zum Punkt Gewohnheit. Für manche ist Gewohnheit die kleine Schwester von Sucht. Das macht sich die Werbebranche zu Nutze und natürlich die Politik. Wissenschaft ist dabei allen Suchtprofiteuren eher hinderlich.

Am Besten funktioniert diese Art des Vorgehens, wenn man nicht merkt, dass eine Angewohnheit zur Sucht wird. Konsum ist eine gute Sucht. Statt zu konsumieren, einen gepflegten Joint rauchen, ist eine schlechte Sucht. Es gibt Menschen wie mich, die aus irgendeinem Grund nicht süchtig zu machen sind. Jedenfalls ist mir noch nichts begegnet, was Sucht auslöst. Manchmal beneide ich Suchtmenschen! Hört sich komisch an, aber ich bin schlecht zu begeistern. Das ist nicht schön!

Ich muss mir also selbst etwas angewöhnen, um es dauerhaft zu machen. So habe ich mir große Disziplin und Härte antrainiert, um daraus Sucht und Gewohnheit zu basteln.

Ohne Gewohnheit, kriegt man ein Leben mit Behinderung und Krankheit nicht in den Griff. Alte Gewohnheiten müssen plötzlich durch neue ersetzt werden. Das scheint mir der Grund zu sein, dass der Volksmund behauptet, man könne sich ja gar nicht ändern. Das ist eine ganz schale Ausrede, wenn ihr mich fragt. Da wird Können mit Wollen verwechselt. Wer krank und behindert wird, findet es kaum toll, lieb gewonnene Gewohnheiten zu ändern, die man als „Gesundgenannte“ schätzte und pflegte.

Aber wie war das in der Corona Zeit? Könnt ihr euch noch erinnern? Plötzlich fanden Arbeitende heraus, dass sie mit Übergangsgeld ohne Arbeit mehr in der Tasche hatten als vorher. Sie konnten schlicht und einfach ihr Geld nicht verkonsumieren. Und? Viele merkten schnell, dass sie trotzdem gar nicht unglücklich waren. Komisch! Es könnte darin liegen, dass es eben nicht automatisch glücklich macht, irgendein Zeug zu kaufen, das man haben muss; angeblich.

Länger hätte Corona keinesfalls dauern dürfen. Stellt euch vor, es hätte eine massenhafte Entwöhnung vom Konsumwahnsinn gegeben? Das wäre aber richtig Kacke für das immer steigende Wachstum gewesen. Wer Böses denkt, könnte meinen, das war der Grund, warum man keinesfalls länger sagen durfte, dass es eine Pandemie gab.

Wenn du krank wirst, sagen dir die gleichen Leute, du solltest dich zusammenreißen! Leistung lohnt sich!

„Ja, aber du bist doch nicht gemeint! Dir geht es doch richtig schlecht! Du kannst doch gar nicht …“ Das bekam ich zu hören! So als wäre es ein Vorteil, komplett im Eimer zu sein. Nein Leude! Die Schwere einer Behinderung ist genauso wenig ein Indikator für fehlendes Glück wie ein Joint für angebliche Sucht. Es gibt Grautöne, auch wenn die Zeit gerade nicht für Grautöne taugt. Wenn etwas Unfassbares wie eine Pandemie passiert, sind unsere Gewohnheiten, so sie noch keine Sucht sind, flux verschwunden! Es dauert viel länger, diese Gewohnheiten zu wecken, uns zu manipulieren, uns einzureden, wir könnten nicht ohne sinnlosen Kram, als dass sie sich in Luft auflösen. In Science Fiction Geschichten erwachen dann plötzlich alle Menschen, weil ihnen Außerirdische mit pfiffigen Strahlen das Gehirn bräsig gekocht haben, und ein schöner, starker Mann, Top-Perfomer seiner Zunft, rettet alle. Es geht aber viel einfacher. Niemand braucht dafür Außerirdische, auch wenn manche ,wie dieser Musk, einem schon so vorkommen. Und niemand braucht Testosteron-gesteuerte, amerikanische Helden, die mit Bauchschuss Wände hochklettern.

Es muss nur etwas Sand ins Getriebe der Werbung und des Konsums geraten. Gewohnheit ist hart von Influencer*innen in euch gepflanzt und muss immer und immer wiederholt werden, damit die Idiotie nicht auffliegt.

Bei uns Behinderten gibt es keine Influencer*innen. Was wollten sie uns denn verkaufen? Dass du normal wirst, ist ein Versprechen, das der Influencerszene völlig unbekannt ist, da ja alle besonders toll werden sollen und nicht normal. Auch Psycholog*innen haben es schwer. Müssen sie uns doch von dem überzeugen, was alle „Gesundgenannten“ als normal bezeichnen. Mosche Feldenkrais hatte die fantastische Idee, Folgendes zu fragen: „Wieso willst du eigentlich wieder laufen können wie früher? Warum willst du nicht besser laufen können als früher? Bist du dir sicher, dass du tatsächlich gut gut gelaufen bist?“

Leude, ich könnte diese Frage tatsächlich nicht beantworten. Nur weil wir etwas gewohnt sind und einfach so tun, heißt es eben nicht, dass es gut ist. Dazu muss man über den Tellerrand schauen. Für „Gesundgenannte“ besteht keine Notwendigkeit, darüber nachzudenken. Erst wenn dir etwas extrem Kostbares abhanden kommt, setzt sich das Gehirn in Gang und sucht Auswege. Superreiche haben die größte Angst zu verarmen, obwohl es rein logisch überhaupt nicht passieren kann.

„Gesundgenannte“, Normale sagen: „Hauptsache gesund!“, wenn der Sprössling das Licht der Außenwelt erblickt, weil ihnen Krankheit als der Gau erscheint.

Gewohnheiten sind ein tückisches, unsicheres Pflaster. Sie werden in der Kindheit von den Eltern geprägt. Danach kommen die Medien, die Konsumwerbung, die Versicherungen und die Reichtumsversprechungen derer, die tatsächlich wohlhabend sind, weil ihr es nicht seid.

Gesunde befinden über Kranke. Reiche befinden über Arme. Wo kämen wir hin, fragte man die Betroffenen der jeweiligen Gruppe, statt die, die sich zu deren Expert*innen aufschwingen.

Wir brauchen Gewohnheiten, um zu funktionieren. Fahre ich nicht jeden verdammten Tag Rad, werden meine Beine spastisch und ich kann nicht mehr gehen. Es ist meine Gewohnheit! Gäbe es eine Wunderheilung, würde ich mein Fahrrad anzünden, obwohl ich eigentlich ganz gern Rad fahre.

Euer Ingenieur

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