Hallo Leude!
Wir erleben die dunkle Jahreszeit. Hier, wo ich lebe, ist es grau, nass und deprimierend. Was fällt euch ein, wenn ihr an goldgelbe Weintrauben denkt? Mir kommt da sofort Urlaub mit blauem Himmel und lauen angenehmen Temperaturen in den Sinn. La Dolce Vita! Vielleicht sogar ein kühler Chardonnay im Schatten am Gardasee. Selbst wenn man Weintrauben geschmacklich nicht mag, geben sie einem doch ein Gefühl von Wohlbehagen. Goldgelb wie die Sonne auf einem Werbeposter für Surfer.
Wein hat mit Dionysos einen eigenen griechischen Gott. Welches Obst kann das von sich behaupten?
Was zum Teufel haben sich die Weißkittel im Labor beim Blick durch ein Mikroskop dabei gedacht, die moderne Geißel der Menschheit nach dem Aussehen von reifen Weintrauben zu benennen? Staphylococcus aureus ist der wohl bekannteste Mikroorganismus der Welt. Aber nicht, weil er so wunderbar goldgelb unterm Mikroskop aussieht, sondern weil es um ihn geht, wenn unter dem Schild: „BETRETEN VERBOTEN!“ an der Patientenzimmertür MRSA steht.
Ja, StaphAu, wie wir den Racker liebevoll nannten, steht für die letzten zwei Buchstaben von MRSA. Als Ingenieur entwickelte ich elektronische Geräte, die Strahlenquellen so befeuerten, dass man StaphAu im Trinkwasser unschädlich machen kann, ohne Chemie anwenden zu müssen.
Da habe ich mich so viele Jahre mit der Inaktivierung dieses Mikroorganismus beschäftigt und wusste nicht, dass ihm ein herzloser Weinhasser diesen Namen gab.
Wer kann schon altgriechisch, außer WIKIPEDIA und Medizinierende, wenn es um tolle Namen geht.
Ich habe den StaphAu seit Jahren in meiner Blase! Bei jedem Urintest steht der auf dem Auswertungszettel, nachdem er mir mit erschreckender Regelmäßigkeit eine heftige Entzündung verpasst hatte. Leude! An Weintrauben denke ich dabei nicht. Wenn er es sich erstmal bei dir in der Blase gemütlich gemacht hat, wirst du ihn nur schwer wieder los.
Streptococcus pyogenes, Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa, Proteus vulgaris, Proteus mirabilis …
Ich möchte nicht wissen, was die anderen Namen hier bedeuten. Es sind aber alles Lebewesen.
Nosokomialinfektion kann zu Zystitis und oder einer Urethitis führen, sagen sie. Zu Nophretitis hat es mein StaphAu zum Glück noch nicht geschafft. Die Worte sind jetzt mal wesentlich unangenehmer, denn alles mit „itis“ am Ende, ist eine Entzündung von irgendwas. Zum Beispiel Encephalomyelitis. Besser bekannt als MS.
Für alle verständlich ausgedrückt, heißt die Fremdwörterballung oben nichts anderes als Blasenentzündung durch kleine fiese Bakterien. Da die Blase mit den Nieren und dem Harnleiter verbunden ist, damit nix daneben geht und alles gut gefiltert wird, kann sich auch alles entzünden. Dann sagen sie dir, du sollst ganz viel trinken.
Die Idee dahinter: „Dein Untermieter, der nur Stress macht, wird quasi aus dem Haus gespült.“ Tolle Idee. Wenn doch bloß diese blöde Mathematik nicht wäre, die das Vermehrungsverhalten der Untermieter in Exponenten darstellen muss, um das Ausmaß darzustellen. Bei Corona haben wir gelernt, dass selbst der gerade mit dem Verdienstkreuz ausgezeichnete Virologe Henrick Streeck des öfteren auf Mathe pfiff und eher der schönen Prosa am Mikrophon zugetan war.
Wie sollen wir Normalvolk das dann verstehen?
Ich verstehe es, denn ausspülen funktionierte vor 20 Jahren das letzte Mal. Seitdem krallen sich genügend an der Schleimhaut fest, sodass man postwendend mit der Vermehrung in biblischen Ausmaß beginnt und es verdammt wehtut. Also helfen nur noch Antibiotika.
In der Podcastfolge erwähnte ich mein Blasenmojo, ein Medikament, das seit Jahren wirkt. Ich habe extra recherchiert und den Waschzettel nochmal intensiv durchstöbert. Ja, es ist ein Antibiotikum und ja, man kann es dauerhaft und sogar präventiv einsetzen.
Nachdem Edda in unserer neuesten Folge vermutete, ich sei möglicherweise nicht menschlicher Abstammung, kann ich euch beruhigen und Mut zusprechen. Erstmal musste ich meine Abstammung klären.
Über unsere Familienbibel und eine Abstammungsrecherche kann ich definitiv ausschließen, von außerhalb unseres Sonnensystems zu stammen. Allerdings ist nach derzeitigen politischen Strömungen die deutsche Abstammung nicht lupenrein. Anfang des 19en Jahrhundert verliebte sich ein Ahn in jemanden außerhalb der Grenzen, die es da allerdings noch gar nicht gab.
So, genug geschlaumeiert. Ihr könnt mir glauben, ich habe wirklich recherchiert! Mit Fremdworten zu vermitteln, man wisse, was man tue, ist keine Erfindung der Patientenseite. Ich nutze sie aber gern.
Phagen!
Für all die oben genannten Verdächtigen, die sich in unseren Blasen pudelwohl fühlen, gibt es Phagenstämme, die wiederum in ihnen gern als Untermieter einziehen möchten. Sobald sie es getan haben, vermehren sie sich genauso schnell wie ihr Wirt. Exponentiell! Der Kampf der Natur geht dann irgendwie unentschieden aus, und das Tolle dabei ist, wir werden nicht mehr belästigt. Klasse ist das.
Edda fragte mich im Podcast, ob ich zur Phagentherapie ins Ausland reisen würde. Jetzt sage ich: „Definitiv tue ich das, sobald mein Medi nicht mehr wirkt!“. So, wie es im Moment im reichen Westen aussieht, werden die Resistenzen immer mehr zunehmen. Antibiotika im Tierfutter, kein Umdenken in deutschen Krankenhäusern und bei Ärzte:innen, die bei kleinsten Infekten zur Keule greifen. Das wird angeblich gerade besser. Wer’s glaubt!
Auch Medizinierende gehörten zu der großen Gruppe der Matheabwähler in NRW. Das mag sich geändert haben, ist dann aber auch nur eine Option für die Zukunft.
Von meinem Heimatort aus nach Tiflis in Georgien wären es 4075 Kilometer mit dem Auto. Mein letzter Versuch mit dem Flugzeug auch nur die nahegelegene Insel Korsika zu erreichen, scheiterte und war sehr teuer, weil man mich mit Rollstuhl nicht mitnehmen wollte. Egal! Belgien und das in Brüssel beheimatete Queen Astrid Military Hospital ist sicher etwas einfacher zu erreichen und wäre so meine erste Wahl. Vom touristischen Wert fand ich Tiflis allerdings deutlich attraktiver. Außerdem war ich schon in Brüssel. Wenn man schon faulen Weintrauben den Garaus machen will, dann ist eine so interessante Stadt wie Tiflis, in die man möglicherweise nur einmal kommt, sehr verlockend. Aber dass ich jemals wieder fliegen werde, halte ich für sehr unwahrscheinlich, nachdem mein leidenschaftlich unfähiger Anwalt gegen die Anwälte der Luftfahrtindustrie nach Jahren den Kürzeren zog, und ich sie allesamt auch noch bezahlen musste. Ich lernte, dass Anwälte gegen grobe Fehler über Anwälte einer Juristenversicherung versichert sind. Das war wirklich erhellend.
So kann ich mich vor großen CO2 Fußabdrücken hüten und habe nicht mehr das Anwaltsdebakel, sondern Klimafreundlichkeit im Sinn. Positiv denken ist und bleibt mein Motto.
Euer Ingenieur!