
Hallo, Leude!
Es ist wieder soweit! Der Welt MS-Tag jährt sich zum 17en mal. Ja, wer es noch nicht wusste, auch wir haben einen eigenen Tag. Natürlich ist unser Tag deutlich wichtiger als der des Pfützenspringens oder der des Quitscheentchens. Was das Anliegen der Pfützenspringenden und Badewannenliebenden keinesfalls schmälern soll. Der einen ist dies wichtig, dem anderen das.
Dieses Jahr hat die DMSG mit ihrem Motto richtig einen rausgehauen. „1000 Gesichter und deins. Leben mit MS“ Es sollen nicht VIP´s und berühmte Schirmfrauen zu Wort kommen, sondern Betroffene stellen sich vor. Das ist ne sehr gute Idee! Allerdings frage ich mich: „Wem gilt denn die Aufmerksamkeit an diesem Tag?“ oder besser gesagt: „Wer soll aufmerksam gemacht werden?“
Ich denke da an Geldgeber, Spenderinnen. Weihnachten ist dafür eine echt schlechte Zeit, das kann ich euch sagen. Da müssen die Taschen für verhungernde Kinder geöffnet werden, und Projekte in armen Ländern kämpfen um jeden Euro. Da bleibt nix übrig.
Wenn wir mal unpathetisch auf Tage für Krankheiten blicken, braucht es sie nur, weil es keine hinreichende Versorgung durch die Gesundheitssysteme gibt. Ansonsten ständen wir tatsächlich in einer Reihe mit Quitscheentchen. Und wisst ihr was? Das wäre das Genialste überhaupt!
Ob wir an unserem Tag der 1000 Gesichter allerdings die Aufmerksamkeit durch Bilder von unterernährten Kindern mit Fliegen in den Augen zu Weihnachten erreichen, halte ich für definitiv ausgeschlossen. Da können sich die 9 Beispiel-Gesichter noch so mühen, das wird nix.
Allerdings ist das Motto mal richtig gut. Irgendwie kommt es mir bekannt vor, aber …
Das mit den 1000 Gesichtern – damit sind eigentlich die Symptome gemeint – habe ich schon mal recherchiert. Mir ist es aber nicht gelungen, den Ursprung aufzudecken. Unser Podcastname „1000 Gesichter plus zwei“ ist trotz des offensichtlich geringen Unterschieds zum diesjährigen Motto der DMSG inhaltlich schon sehr verschieden.
Eigentlich sind mit den Gesichtern Symptombilder gemeint, wobei das Ganze mystisch aufgeladen wird durch die „1000“. War die Zahl 1000 doch einmal die größte von Menschen erfassbare Zahl. Das macht die MS als Krankheit besonders dramatisch!
Wir addieren Krankheitssymptomen unsere menschlichen Gesichter hinzu. Wir erlauben uns die Freiheit, Äpfel mit Birnen zu addieren, um daraus einen Obstsalat zu machen. Krankheit wird wissenschaftlich ohne Mensch gedacht. Krankheit scheint dabei ein Eigenleben zu haben und ein Gesicht! 1000 ist fett! Unser Motto weist auf die Individualität und Menschlichkeit hin, die jedoch trotz großer Unterschiede, wenn man genau hinschaut, genau so große Gemeinsamkeiten findet.
1000 von uns zu finden, die ganz unterschiedliche Sachen erzählen, wäre selbst für die DMSG zu ambitioniert gewesen. Das ist wahrscheinlich auch nicht das Ziel, denn wir sollen uns sichtbar machen; in Videos! Das passt in die heutige Zeit, in der Selfies und Videos von irgendwem absolute Hochkonjunktur in den sozialen Netzwerken haben. Also macht das DMSG Motto Sinn und ist hoffentlich erfolgreich! Zu Weihnachten klappt das ja auch.
Und das alles, da haben wir MSler richtig Glück, bei einer Krankheit die super, super selten ist. Das glaubt ihr nicht? Stimmt aber!
Man muss nur einen Buchstaben in unserer Krankheitsabkürzung austauschen, und schon landen wir bei einer wirklich sehr, sehr häufigen neurologischen Krankheit. Nur kennt die niemand! ME hieß sie! Myalgische Enzephalomyelitis. Dann hat man, wegen einer sehr, sehr umstrittenen Studie in UK noch /CFS dran gehängt. Kommt euch Enzophalomyelitis und chronisches Fatiguesyndrom bekannt vor? Genau!
Ok, MS gibt es angeblich seit dem 14en Jahrhundert und ME … keine Ahnung. Es gibt laut meiner KI etwa 2,9 Millionen MS erkrankte Menschen auf der ganzen Welt. Dagegen standen schon vor der Pandemie 17 Millionen ME erkrankte Menschen und nun sind es geschätzte 42 Millionen! Und niemand kennt das! Was für ein Boost, wie man heute sagt.
Ich habe nicht geguckt, ob die auch einen eigenen Tag haben. Medis haben sie jedenfalls nicht, was sehr merkwürdig erscheint. Immerhin soll unsere „1000 Gesichter“ Krankheit so total kompliziert sein. Wieviel Gesichter haben die ME-lerinnen erst? Geld gibt es für die auch nicht.
Leude, ich will uns unseren Tag nicht kaputtmachen, und wir sollten dankbar sein, dass die amerikanische MS-Community schon in den 1920er Jahren reiche Spender fand. Es kommt offenbar nicht auf die Menge der Opfer an, sondern ob sich Reiche interessieren.
Und Bruder Zufall hat uns Medies beschert! Lasst uns diesen Tag feiern, aber nicht vergessen wie privilegiert MS gegenüber anderen Erkrankungen ist, sogar welchen, die zigfach häufiger Elend und Behinderung auslösen als MS und nur einen Buchstaben entfernt sind.
Euer Ingenieur